von Sarina Rosenbusch börse einfach / Ausgabe 08/23
Mit freundlicher Genehmigung von "DER AKTIONÄR: Einfach Börse " der Börsenmedien AG.
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Artikel im Wortlaut:
Autogramme historischer Berühmtheiten verkaufen sich für teils horrende Summen. Doch was taugt die Unterschriftenjagd als Wertanlage wirklich?
Es ist nur eine simple Unterschrift, die der Lieblingssänger beim Vorüberlaufen schnell auf die Autogrammkarte kritzelt. Dennoch ist die Anziehungskraft auf die Fans enorm. Aber wie viel Geld kann einem der Verkauf einer solchen Unterschrift wirklich einbringen und eignet sie sich sogar als Wertanlage? einfach börse beleuchtet, worauf Autogrammjäger beim Kauf und Verkauf achten sollten.
Das steigert den Wert
Der Wert eines Autogramms wird wie jedes andere Wirtschaftsgut auch von Angebot und Nachfrage bestimmt. Eine handgeschriebene Unterschrift ist nur so viel wert, wie ein anderer Sammler zu zahlen bereit ist. Eine große Rolle spielen die Authentizität, Provenienz (also die Herkunft) und Belegbarkeit, der Zustand, das Trägermaterial und die Lesbarkeit sowie der Kontext, in dem die Unterschrift verfasst wurde. Handelt es sich zum Beispiel um eine bebilderte Autogrammkarte oder einen handgeschriebenen Brief mit historisch bedeutenden Informationen? Aber auch Informationen zur Persönlichkeit hinter dem Verfasser können den Wert eines Autogramms steigern oder schmälern.
Gibt die Person beispielsweise nur selten Autogramme, sind die wenigen Exemplare automatisch begehrter. Durch den Tod kommt ebenfalls ein entscheidender Faktor hinzu: Die Beschaffbarkeit neuer Autogramme endet. Ein Beatles-Album mit einer schlecht leserlichen John-Lennon Unterschrift auf vier Albumblättern kostet circa 2.000 Euro, verrät Markus Brandes, der sich mit seinem Autogramm-Shop „Markus Brandes Autographs“ auf den An- und Verkauf von Autogrammen spezialisiert hat, im Gespräch mit einfach börse. Eine komplett signierte Vinylplatte mit kontrastreichen Unterschriften, einer nachprüfbaren Hintergrundgeschichte sowie weiteren Zertifizierungen wäre dagegen schnell 50.000 Euro mit Luft nach oben wert.
Antiquitätenhändler David Suppes aus Wiesbaden, bekannt aus der Fernsehshow „Bares für Rares“, veranschaulicht die Faktoren, die für den Wert eines Autogramms bedeutend sind, für einfach börse an einem Beispiel: Im Jahr 2018 wurde ein historisches Wertpapier mit einer Unterschrift von Johann Wolfgang von Goethe versteigert. Historische Wertpapiere sind Aktien, die vor dem Zeitalter des Computers ausgegeben wurden und an keiner Börse mehr gehandelt werden. „Wir haben hier einen hohen Seltenheitsfaktor, da Goethe in seiner Beamtenlaufbahn nur etwa ein Dutzend solcher Wertpapiere unterzeichnet hat“, erklärt Suppes. Authentizität und Provenienz waren gesichert, da der Verbleib der Aktie seit der Ausgabe im 18. Jahrhundert lückenlos dokumentiert war. Der entscheidende Faktor, der den Wert des Autogramms bestimmte, war in diesem Fall der Kontext: „Dass es sich hier um ein Dokument aus Goethes beruflicher Laufbahn handelt, ist der entscheidende Faktor, da sich hieraus ein Teil seines Werdegangs belegen lässt“, so Suppes. Das historisch bedeutende Dokument ging für stolze 21.000 Euro über den Tisch.
Dos und Don’ts beim Autogrammhandel
Hat man Interesse an einer Unterschrift, lässt sich diese strukturiert und größtenteils planbar beschaffen. Doch wie kann man sich sicher sein, dass es sich nicht um ein gefälschtes Autogramm handelt? Um die Authentizität einer Unterschrift zu prüfen, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Der erste Schritt besteht darin, sich Vergleichsproben zu besorgen und die Unterschriften übereinander zu legen. Bei der Analyse wird unter anderem auf die Stärke und Konsistenz der Linienführung geachtet, aus der sich ableiten lässt, wie schnell der Verfasser seine Unterschrift auf das Papier brachte. Da dies jedoch noch keinen 100-prozentigen Schutz vor einer Fälschung bietet, sollte man im zweiten Schritt die Herkunft des Autogramms recherchieren. Vielleicht findet man Aufnahmen vom Moment der Unterschrift oder bereits dokumentierte Echtheitsüberprüfungen oder Ausstellungen in Museen? Dennoch bleibt ein gewisses Risiko einer Fälschung bestehen. Aus diesem Grund sollten sich interessierte Autogrammjäger an spezialisierte Auktionshäuser wenden. Hier geht der Handel sowohl für Käufer als auch Verkäufer sicher über die Bühne, denn vor dem Verkauf findet eine Echtheitsüberprüfung statt.
„Ein Zertifikat ist aber nur so gut und wertvoll wie die Firma oder der Experte, der dieses ausgestellt hat und dessen Reputation bei Sammlern und Händlern anerkannt ist“, so Brandes. Sein Autogrammshop verfügt deshalb über eine Million Vergleichsunterschriften, um die Echtheit der Handschriften zu prüfen. Der Katalog umfasst aktuell 8.000 Original-Autogramme und Autografen von Persönlichkeiten der Zeitgeschichte, die über Auktionen, Nachlässe und gepflegte Privatsammlungen eingekauft wurden. Innerhalb der letzten 30 Jahre handelte Markus Brandes Autographs mit nahezu 100.000 Autogrammen.
Was man als Privatkäufer dagegen dringend meiden sollte: Online-Auktionen beziehungsweise Kleinanzeigen-Portale. „Hier kann die Echtheit der Stücke nicht gewährleistet werden“, warnt Suppes. Das gilt auch im umgekehrten Fall, wenn man sich also von einem Autogramm trennen möchte. Der große Vorteil eines Auktionshauses gegenüber einer Privatauktion ist, dass dort ein großes und zahlungskräftiges Publikum um das Autogramm feilscht. Hier werden regelmäßig Höchstpreise für Stücke erzielt. Aufgrund der mangelnden Authentifizierungsmöglichkeiten werden sich Käufer auf Privatauktionen mit ihren Geboten dagegen wahrscheinlich eher zurückhalten.
Zudem sollte der richtige Verkaufszeitpunkt abgewartet werden. „In der Regel lohnt sich ein Weiterverkauf nach zehn bis fünfzehn Jahren oder bei plötzlich steigender Nachfrage“, rät Brandes. Vielleicht ist die Person in der Öffentlichkeit gerade besonders präsent, weil sie der Star in einem aktuellen Kinofilm ist. Aber auch Autogramme von verstorbenen Personen können jederzeit Wertsteigerungen erfahren. Wird zum Beispiel eine von Albert Einsteins Thesen in der Wissenschaft neu aufgegriffen und heiß diskutiert, richtet sich die gesellschaftliche Aufmerksamkeit auf den Wissenschaftler, dessen Autogramm noch begehrter und damit wertvoller wird, veranschaulicht Suppes. Der Preis von Unterschriften des Weltstars Diego Maradona habe sich seit dessen Tod im Jahr 2020 zum Beispiel verzehnfacht, bestätigt auch Brandes:
Die Top-40-Unterschriften
Wie sich der Wert von Autogrammen jährlich entwickelt, lässt sich am PFC40-Autogrammindex von Paul Fraser Collectibles nachvollziehen. Dieser deckt die 40 weltweit gefragtesten Unterschriften seit 2000 ab. Das durchschnittliche jährliche Wachstum des Index zwischen 2000 und 2022 beträgt 32 Prozent. Am wertvollsten sind die Autogramme beispielsweise auf Büchern oder Tonträgern. So stammt die teuerste Unterschrift im Index von Steve Jobs. Die Geschichte hinter dem Autogramm lässt seine Begehrtheit erahnen: Im Jahr 1988 brachte die Newsweek den jungen Steve Jobs, der damals noch seine Firma Next Computer leitete, mit der Bezeichnung „Mr. Chips“ groß auf der Titelseite heraus. Bei einem Besuch der Lotus Development Corporation in Cambridge bat die Leiterin der Einkaufsabteilung, Diana Williams, Jobs um eine Unterschrift auf ihrem Exemplar des Magazins. Dieser verneinte – mit der Begründung, er gebe keine Autogramme. Williams forderte ihn deshalb auf „etwas aus dem Herzen zu schreiben“, woraufhin Steve Jobs über beide Ohren gelächelt haben soll. Schließlich unterzeichnete er mit „Steven Jobs, I love manufacturing”.
Das Magazin konnte man damals für zwei Dollar kaufen, das Autogramm katapultierte es in ganz andere Höhen. Im Jahr 2017 wurde es bei einer Auktion für 50.000 Dollar versteigert. Der Umstand, dass Steve Jobs nur sehr ungern Autogramme gab, macht es umso rarer und begehrter für Sammler. Auch sein früher Tod und der Kultstatus von Apple spielen hier mit rein. Plus: Die Kombination der Unterschrift mit einem Bild der prominenten Persönlichkeit steigert den Wert zusätzlich. Davon ausgehend, dass das Magazin laut Paul Fraser Collectibles im Jahr 2000 rund 650 Dollar wert war und der Preis Ende 2022 bei knapp 65.000 Dollar lag, entspricht dies einem Wertzuwachs von 23 Prozent pro Jahr.
Es ist faszinierend, wie sich globale politische Ereignisse auf die Zahlen für 2022 ausgewirkt haben“, so Daniel Wade, Head Writer bei Paul Fraser Collectibles. So verlor ein signiertes Foto von Wladimir Putin im Wert von 100 Dollar, das im Index gelistet ist, im Vorjahresvergleich rund 50 Prozent an Wert. Ein Autogramm von Wolodymyr Selenskyj auf einem seiner Fotos verteuerte sich dagegen um 3.400 Prozent auf 350 Dollar, was es zum Index-Mitglied mit der besten Performance zwischen 2021 und 2022 macht.
Antiquität der Zukunft
Der Markt für Autogramme ist in ständiger Bewegung. Die heißen Must-haves, hinter denen die Autogrammsammler her sind, ändern sich immer wieder. Signifikante Wertsteigerungen sieht Suppes derzeit bei historisch wichtigen Persönlichkeiten und bereits verstorbenen Athleten, die in ihrer Karriere mit außergewöhnlichen Leistungen und Rekorden glänzten. Hier rückt besonders der amerikanische Markt mit den Kernsportarten Baseball und Football in den Fokus. Mit einfachen, bebilderten Autogrammkarten ohne Kontext lasse sich dagegen nicht mehr viel Gewinn erzielen, sie verlören weiter an Relevanz und Wert. Brandes registriert eine starke Nachfrage nach der Musikband Queen, Audrey Hepburn und Albert Einstein. „Leider wird es jedoch immer schwieriger, dort Original-Autogramme zu finden“, stellt er fest. Denn wenn solche historischen Werke einmal verkauft sind, bleiben sie meist in Sammlerhänden und werden nicht weiter zum Erwerb angeboten. Die größte Wertsteigerung erfahren aktuell Autogramme aus dem Genre der Rockmusik – etwa von Jimi Hendrix, Pink Floyd oder den Rolling Stones. Deren Käufergruppe hat die 50 Jahre meist überschritten und verfügt über großes Kapital. „Wir können den Bedarf aus der Nostalgie der Vergangenheit sehr gut abschätzen“, erklärt Brandes. Die Suchwünsche der Kunden seien bekannt, weshalb die im Shop angebotenen Autogramme eine garantierte Nachfrage und somit einen großen Spielraum zur Preissteigerung hätten.
Zwar investieren Autogrammhändler wie Brandes nicht in die Zukunft, die Autogrammkarten seien aber auf jeden Fall eine Antiquität der Zukunft. Ruft man sich in Erinnerung, dass das Schreiben mit der Hand ausstirbt, stellen die Originalquellen, also Bücher, Reden oder Briefe, die im Erstentwurf mit der Hand verfasst wurden, das Denken und die Persönlichkeit des Verfassers am authentischsten dar. Aus diesem Grund werden diese Autografen auch in Zukunft interessant und einmalig bleiben, prophezeit Brandes. Dagegen werde die Nachfrage nach Gelegenheitsautogrammen aus der modernen Welt nachlassen, da die heutige Generation durch die Präsenz von Social Media eine ganz andere Verbindung zu ihren Stars sucht.
Für den PFC40-Autogrammindex dürfte sich das Verhalten der jüngeren Käufer auch auf die Zusammensetzung der Mitglieder auswirken. In die Top 40 wird sich nach Prognosen von Paul Fraser Collectibles im nächsten Jahr „mit ziemlicher Sicherheit“ ein neuer Star einreihen: Amy Winehouse.
Zitat: „Man kann kaum etwas Persönlicheres besitzen als die einmalige Unterschrift einer Persönlichkeit“. Markus Brandes ist leidenschaftlicher Autogrammsammler und betreibt seit fast 30 Jahren den Autogrammshop Markus Brandes Autographs.