Stark, Johannes

Eigenhändiger Brief mit Unterschrift, zwei Seiten (beidseitig beschrieben), 5,7 x 8,9 inch, Aachen, 17.10.1911, sehr persönlicher Brief an den Nobelpreisträger Wilhelm Wien (1864-1928) - u.a. wissenschaftliche Arbeiten und Feindseligkeiten zwischen den beiden Männern betreffend, in schwarzer Tinte geschrieben und signiert "J. Stark", mit einer leichten zentral horizontalen Faltenspur - in gutem bis sehr gutem Zustand.

"Sehr geehrter Herr Kollege!

   Ich habe Ihr Schreiben vom 13. Okt. habe ich mit Dank erhalten. Ich gestatte mir, auf die darin augeführten Fragen folgende Antwort zu geben.

   Dass Sie die Absicht hätten, meiner Verteidigung die Annalen zu verschließen, habe ich in meinem Schreiben weder angedeutet noch für mich vermutet. Wohl aber schien es mir möglich, dass Sie so weitreichende Abschriften von meinen Mitteilungen verlangten, daß ich darauf verzichten hätte müssen, Sie in den Annalen zu veröffentlichen. IMein Urteil über die Arbeit Lunkenheimers glaubte ich eingehend begründet zu haben. Und wenn Herr Lunkenheimer meine Einwände Punkt für Punkt entkräftet hätte, so hätte er meine Kritik als wissenschaftlich wertlos begründen können, und ich hätte ihm dann selbst zugestimmt.

   Es ist mir gesagt worden, dass verschiedene /

Veröffentlichungen, die aus Ihrem Institut hervorgingen, [illegible] meinen Arbeiten ungünstige Tendenz zeigten. Die Zensur, welche Sie an meinen Mitteilungen übten, musste mir so umso mehr auffallen, als Sie stärkere Angriffe des Herrn Kayser auf mich und meinen Assistenten Steubing in den Annalen zuließen. Ich erinnere an folgende Ausdrücke: "durch nichts gestützte Hypothesen" - "den Tatsachen ins Gesicht schlagen" - "Willkür" - "vage Spekulationen" - "es ist reine ... Unkenntnis der spektroskopischen Tatsachen."

   Trotz dieser Verbaltritte möchte ich aber nicht glauben, dass auf Ihrer Seits eine mir ungünstige Absicht vorhanden ist. Denn ich nehme an, daß Sie mir meine Stellungnahme zu Ihren Arbeit über Kanalstrahlen ebensowenig übel genommen haben wie ich Ihnen Ihre Stellungnahme zu meinen Arbeiten.
      Mit vorzüglicher Hochachtung - ergebenst - J. Stark"